Von „ora et labora“ zur Reformation
Aufstieg und Fall einer Ordensgemeinschaft
Im Jahre 1232 gegründet, avancierte das „Portus Sancte Marie“ (Hafen der Heiligen Maria) genannte Zisterzienserkloster in Hude rasch zum geistigen, wirtschaftlichen und politischen Mittelpunkt des östlichen Teils der Grafschaft Oldenburg. Die Klosterkirche diente zwischen 1251 und 1464 sogar als Grablege des Oldenburger Grafenhauses. Über die Jahrhunderte hatte die Klostergemeinschaft enorme Reichtümer angesammelt. Selbst der wohlbetuchten Stadt Bremen konnte sie Darlehen gewähren.
Die Reformation bereitete dieser Blüte jedoch ein jähes Ende: Schon in der Mitte des 15. Jh. war der zunehmend ausschweifende Lebensstil der Huder Mönche ins Visier des Generalkapitels geraten. Die genussfreudigen Herren amüsierten sich mit Konkubinen und hatten dabei auch so manches Kind gezeugt. Die Reformation beschleunigte die Auflösung des Klosters, und 1536 verließen die letzten Mönche den Konvent. Die ehrwürdigen Bauten wurden als Steinbruch freigegeben. 1687 gelangte das Anwesen (mit Ausnahme der Torkapelle) in den Besitz der Familie von Witzleben. Sie stoppte den fortschreitenden Verfall und erklärte das ehemalige Abthaus zum Gutshaus der Familie.
Inspirationsquelle der Romantik
Der Ruinenkult der Romantik, die Freude am schauerlich Erhabenen und die Suche nach Symbolen von Vergänglichkeit und Nationalitätsbewusstsein führten zu einer Wiederentdeckung der Klosterruine im ausgehenden 18. Jahrhundert. Maler, Graphiker und Schriftsteller verewigten die mittelalterliche Anlage in ihren künstlerischen Werken und ließen sie so bis weit über das Oldenburger Land hinaus bekannt werden. Das umliegende Terrain wurde zu einem englischen Landschaftsgarten umgestaltet – zu einem der frühesten und weitläufigsten der Region.
Die Klosterkirche
Die Ruine der dreischiffigen Basilika mit ausladendem Querschiff lässt noch heute die ehemals imposante Größe der Klosterkirche erahnen. Sie war ursprünglich über 57 Meter lang und über 24 Meter breit! Trotz des ruinösen Zustandes ist die Verwendung hochwertiger Baumaterialien – gebildet aus unterschiedlichsten Formsteinen und Glasuren – auch heute noch leicht erkennbar. Die gotische Prägung und die horizontale Dreigliederung des Gebäudes sind an der erhaltenen Südwand des Mittelschiffes deutlich ablesbar. Erhalten hat sich außerdem noch ein isoliert stehender Pfeiler im Nordosten, der den ursprünglichen Chorabschluss markiert.
Elisabethkirche (ehemalige Torkapelle)
Da die Klosterkirche nur den Mönchen selbst zugänglich war, wurde an der Klosterpforte eine zusätzliche Kapelle errichtet, in der auch Frauen und Arme am Gottesdienst teilnehmen durften. Zudem war es üblich, vor dem Betreten des Klosters dort ein Gebet zu verrichten. Diese frühgotische Torkapelle wurde um 1330 vollendet und 1550 zur evangelischen Pfarrkirche geweiht. Der einschiffige Backsteinbau beeindruckt u.a. durch sein schönes Maßwerkfenster im Osten und die 1905 wiederentdeckten Wandmalereien. Die für den deutschen Raum einzigartig vollständig erhaltenen Malerei- und Schnitzarbeiten gehen auf die Funktion der Kirche als Laienkapelle zurück: Da die Laien in der Regel nicht lesen konnten, wurden die Kunstwerke (das zisterziensische Bilderverbot ignorierend) dazu genutzt, die Botschaft der Bibel und das Wirken der Heiligen zu vermitteln.
Architektur nach Plan für ein Leben nach Plan
Allen Zisterzienserklöstern liegt ein einheitlicher Bauplan zu Grunde. Er sollte die Umsetzung der eisernen, Tag und Nacht streng reglementierenden Ordensregeln garantieren. Gleichwohl gab es in Hude wie in vielen anderen Klöstern Abweichungen von diesem Idealplan. Erbaut wurde das Kloster zwischen der zweiten Hälfte des 13. Jh. und etwa 1330. Die dazu verwandten Ziegel wurden im eigenen Betrieb angefertigt und galten lange Zeit als Maßstab für den gesamten niederdeutschen Raum. Von hohen Mauern umgeben, verfügte das Kloster ehemals über zahlreiche Gebäude und Institutionen – u.a. einen Friedhof, ein Frauenhaus, ein Krankenhaus, ein Schuhhaus und ein Gefängnis.
Neben der Kirchenruine erhalten haben sich das ehemalige Abthaus (heute Wohnsitz der Familie von Witzleben), das ehemalige Brauhaus (heute Hotel/Gaststätte, www.klosterschaenke-hude.de) und die Klostermühle (heute eine Galerie mit Wechselausstellungen nationaler und internationaler Künstler und Künstlerinnen, www.galerie-klostermuehle.de). Übrigens: Nicht nur die Galerie, sondern auch das knapp 2 km entfernt gelegene so genannte „Skulpturenufer“ ist eine Augenweide für Anhänger und Anhängerinnen moderner Kunst!
Adresse: Von-Witzleben-Allee 27798 Hude Tel. 04408-1792 oder 6829 |
Öffnungszeiten des Museums: Mai – September: samstags, sonntags, feiertags 15.00 – 17.00 Uhr; Führungen nach Voranmeldung (ganzjährig) | ||
Anreise: A 28, Abfahrt „Hude“, auf K 226 nach Hude und Ausschilderung folgen | Öffentl. Verkehrsmittel (Fahrradmitnahme möglich): DB, Oldenburg – Bremen, Bhf. Hude (ca. 2,5 km) | ||
Parkmöglichkeit: Parkplatz wenige Meter entfernt | Gastronomie/Hotellerie: Klosterschänke (ehemalige Klosterbrauerei) |